Glacier National Park – Perley Rock

Tag 19 – 24.07.2016
Die Sonne glitzert bereits auf dem Gletscher, welchen wir durch die Rückscheibe unsere Campers sehen können als wir den Tag beginnen. Nach einem schnellen Frühstück düsen wir los und suchen das Info Center, gespannt was dieser Nationalpark zu bieten hat.
Eigentlich hatte uns das nette Mädel im Visitor Information Center die Wanderung mit dem freundlichen Namen „Avalanche Creek“  empfohlen. Eine Wanderung der mittleren Schwierigkeit, mit gut 800 Höhenmetern und knappen 11 Kilometern Strecke, durchaus machbar für uns.
Ihr persönlicher Favorit ist aber „Perley Rock“. Wie beim Skifahren eine schwarze Piste. Auch nur knappe 11 Kilometer, aber ordentliche 1200 Höhenmeter. Die Strecke hatte uns schon gestern der Verkäufer von Nadine’s neuer Thermojacke empfohlen. Um die 6 Stunden soll diese dauern und es geht auf 12 Uhr zu. Wir sind ja nicht zum Spaß hier, also entscheiden wir uns für „Perley Rock“. Scheint ja etwas Lohnendes zu sein, mal sehen ob’s stimmt.
Der Weg beginnt nicht unweit unserer letzten Übernachtungsstätte. Gewappnet mit zwei Baloney-Käse-Brötchen, Müsliriegeln, Keksen und vier Liter Wasser machen wir uns auf den Weg. Wie genau die Strecke verläuft und wohin sie uns führt wissen wir nur wage. Die Streckenzeichnung war dafür zu ungenau.
Zunächst geht es tief durch den Wald dicht an einem Fluss entlang. Das satte Grün und das Rauschen des Wassers bringen uns schnell in gute Wanderstimmung. Etwas vorsichtig schauen wir uns aber trotzdem ab und zu um. Ob der Bär hier wohl irgendwo lauert? Die Umgebung erinnert stark an die Szene aus „The Revenant“ in der Leonardo vom Grizzly angefallen wurde. Gut das ich den Film noch gerade im Flieger gesehen habe.Die ausdrücklichen Warnungen vor-Begegnungen mit Bären, die man überall liest, helfen auch nicht zur Beruhigung. Das „Bear Spray“, das hier jeder Park-Ranger am Gürtel trägt, sollten wir uns wohl dann auch mal holen. Beim nächsten Mal.
Der Pfad geht alsbald stetig bergauf, wie erwartet. Durch die Bäume sehen wir die Berge und die ersten Anzeichen von grossen Wasserfällen. Wunderschön. Nach knapp zwei Kilometern erreichen wir den Rand des Waldes und finden uns in einem riesigen Tal wieder. Zu fast allen Seiten ragen die imposanten Berge nach oben, an verschiedenen Stellen rauschen die Wasserfälle runter.
Der Weg geht jetzt durch ein Geröllfeld weiter. Die großen Steine dienen dabei aber gut als Treppenstufen und wir kommen mit ordentlichem Höhengewinnen voran. Zuerst Wald und dann ein felsiges Gebiet. Fehlt nur noch Gollum der vor uns herschleicht.
Über kleine Steinwege und Metallplanken überqueren wir kleine Bäche und Flüsschen. Ein Fehltritt von Nadine verschafft ihrem rechten Fuß eine Abkühlung. Gar nicht mal so unangenehm.
Plötzlich vernehmen wir hinter uns schnelle Schritte. Wie schon am Tag zuvor ist es einer der Sportsfreunde, die diese Strecke im Joggen absolvieren. Mit gutem Tempo rauscht der Mann an uns vorbei. Statur und Bart erinnern stark an „Forrest Gump“ bei seiner Laufepisode. Ein „Run, Forrest, Run“ verkneif ich mir.
Nach einer weiteren Waldpassage wird es steiler. Wir bleiben in langsamen, gleichmässigen Tempo. Nach zwei Stunden gelangen wir an eine  weitere Flussüberquerung. Zeit für die erste große Pause. Wir essen unsere Brötchen und trinken uns Ginger Ale. Von einem absteigenden Wanderer erfahren wir, dass es noch 800 Meter sind. Ungefähr ein einhalb Stunden. Klingt zunächst übertrieben für die Strecke. Eine Stunde später werden wir wissen, dass er 800 Höhenmeter gemeint hat.
Die Kräftestärkung kam genau zum richtigen Zeitpunkt. Gleich danach geht es richtig steil nach oben. Schritt für Schritt, wir haben ja Zeit. Die Wenigen die uns entgegen kommen sprechen uns Mut zu und versprechen, dass es sich wirklich lohnt. Über uns können wir den Rand des Waldes erahnen. Wo genau es hingeht wissen wir weiterhin nicht. Wir hoffen, dass es nach dem Wald langsam gerader wird. Zu unserem kleinen Schrecken geht es danach allerdings in Schlangenlinien eine Wiese hinauf. Erste Erschöpfung mach sich bei uns breit. Alle paar Kurven mach wir eine kleine Verschnaufpause.
Dann endlich bekommen wir Auskunft wie genau es weiter geht: bis an den unteren Rand der Felswand, es wird flacher, über Felsen, über ein kleines Schneefeld, mehr Felsen, großes Schneefeld, dann kurz und steil zum Gipfel. Alles klar.
Am Ende unserer Wiese wird es tatsächlich etwas flacher. Die müden Beine danken es uns..
Die Felsen stellen kein Problem mehr da. Das Schneefeld ist zwar nur sehr kurz, aber abrutschen sollte man trotzdem lieber bleiben lassen. Wir treten behutsam in die Fussstapfen unserer Vorgänger, kraxeln noch um ein paar Felsen rum und wandern wieder auf Schnee. Der Gipfel naht und der Anblick ist umwerfend. Jetzt hält uns nichts mehr.
Den Gipfel zu erreichen ist ein zugleich erhabenes und erleichterndes Gefühl, gepaart mit Stolz.. Wir freuen uns riesig. Der Ausblick ist der Hammer. Wir können den ganzen Weg runter ins Tal sehen, den wir gekommen sind. Auf der anderen Seite liegt ein riesiges Gletscherfeld und ein kleiner Gletschersee. Gipfelkuss, Gipfelpause und Gipfelfotos.
Vier Stunden haben wir nach oben gebracht. Wir rechen mit drei Stunden für die Rückkehr. Es bleibt also nur eine gute halbe Stunde zum Verweilen.
Als Letzte gehen wir vom Gipfel wieder los. Der Abstieg ist auch nicht Ohne, denn man muß weiterhin auf seinen Tritt achten und die Beine sind ja eh schon etwas müde.
Das Tal liegt jetzt langsam in einem schönen Abendlicht. Um auf Bären zu achten sind wir am Schluss zu erschöpft. Die beste und anstrengendste Wanderung die wir je gemacht haben. Bis jetzt.
Vor dem Campingplatz treffen wir dann „Forrest“ unseren Supersportler zum dritten Mal wieder. Frisch geduscht und zufrieden, scheint er sich zu fragen, wo wir so lange geblieben sind.
Echte Duschen gibt es allerdings keine, aber eine körperliche Reinigung ist nötig. Notgedrungen waschen wir  uns im Bergbach, mit direktem Gletscheranschluss. Schön eisig aber toll erfrischend.
Kulinarisch runden wir diesen tollen Tag mit Bratwürstchen und Salat auf unserem Parkplatz ab.
Morgen wird nur gefahren, hoffentlich.

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